Wissenschaftler & Reviewer¶
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Eine wissenschaftliche Arbeit durchläuft einen oder mehrere Reviewprozesse. Dr. Rainer Brüggemann ist seit vielen Jahren nicht nur Wissenschaftler und Autor, er nimmt auch die Mühen eines Reviewers wahr. Zu dieser Tätigkeit habe ich ihm folgende Fragen gestellt: |
Peter Koppatz
Warum nimmst Du die Aufgabe eines Reviewers wahr?
Rainer Brüggemann
Ich halte es für eine Ehrenaufgabe. Letztlich hat der Steuerzahler viel Geld in mich hineingesteckt; und eine Möglichkeit, mich dafür erkenntlich zu zeigen, ist zu versuchen mitzuhelfen, die Qualität wiss. Arbeiten zu verbessern.
Peter Koppatz
Wie lange bist Du als Reviewer tätig?
Rainer Brüggemann
Seit ca 1972 (kann auch schon 71 gewesen sein)
Peter Koppatz
Was sind die Aufgaben eines Reviewer?
Rainer Brüggemann
Passt die Arbeit in das Journal. Z.B. MATCH, eine mathemat. Chemie-Zeitschrift: Hier passen Arbeiten zur Qualität von Datenbanken nicht hinein, - auch wenn die Datenbanken chemische Inhalte aufweisen.
Qualität der Arbeit: Kann man den Ausführungen folgen? Wo braucht der Leser Hilfestellung. Motto: Wenn ich es nicht kapiere, so könnte es sein, dass auch andere damit Probleme haben.
Untergeordnet: Technische Qualität. Sind Abbildungen/Tabellen verständlich, Druckfehler (ich suche nie spezifisch nach Druckfehlern; aber wenn mir welche auffallen notiere ich sie).
Abstrakt klar? Titel klar? Keywords klar? Referenzen einheitlich? (Die verschiedenen Zeitschriften verlangen sehr spezielle Formate. Das sehe ich nicht als eine Aufgabe des Reviewer an, die Einhaltung dieser speziellen Formate zu überprüfen. Aber die Angaben zu Referenzen sollten in sich einheitlich sein.
Nicht einmal
R. Bruggemann, P.Koppatz, ###, 2014
und einmal
R.Bruggemann, P.Koppatz, 2014, ###.
Peter Koppatz
Kannst Du Dir die Arbeiten aussuchen oder machen die Verlage Vorgaben?
Rainer Brüggemann
Verschiedene Verlage schicken mir Arbeiten zu mit der Bitte um eine Begutachtung. Sie können auf meinen Namen „so“ gekommen sein; oder aber Autoren empfehlen mich spezifisch für ihre Arbeit. Ich lehne (inzwischen) Arbeiten ab, von denen ich glaube, nicht die Expertise zu haben. Früher habe ich mich, wenn es nur irgendwie ging, auch in fremde (chemische) Gebiete eingearbeitet, wenn das Thema reizvoll war.
Peter Koppatz
Mir geht es um Hinweise an die Autoren. Was stört Dich an Arbeiten, die Du bewertest?
Rainer Brüggemann
Das kann ich nicht allgemein beantworten. Z.B. wenn eine mathematisch orientierte Zeitschrift mir was schickt, dürfen die Autoren auch strikte mathematische Notation benützen, Ist aber eine Zeitschrift nicht speziell mathematisch ausgerichtet, dann mahne ich eher an, man möchte doch bitte an den allgemeinen Leser denken. Ansonsten ärgert mich; Notationswechsel. Eine Variable, aber mehrere Namen (das passiert sehr leicht und gelegentlich auch mir), Wiederholungen, und zu lange Einleitungen ( die einfach nicht auf den Punkt kommen…). Fast ein „Reject-Argument“: Wenn ich feststelle, /dass ein und dieselbe Arbeit auch in einer anderen Zeitschrift publiziert wurde/, ohne inhaltlich etwas wesentlich zu verändern (mir mehrfach passiert).
Peter Koppatz
Welches Format bevorzugst Du Word, PDF, LibreOffice…?
Rainer Brüggemann
Im allgemeinen Word. Wenn ein Verlag es verlangt, dann auch ein pdf-File.
Peter Koppatz
Was sollten junge Wissenschaftler heute beherzigen, wenn sie sich an das Verfassen einer Arbeit wagen?
Rainer Brüggemann
Kurze Arbeiten
Zielführende aber kurze Einleitung
Keinen „Gemischtwarenladen“. Interessante Ergebnisse, die aber nichts mit der in der Einleitung angegebenen Fragestellung zu tun haben, strikt rauslassen.
State of art: Bitte nicht bei Galilei, Newton oder Lenin(!) anfangen!
Es gibt Reviewer, die negativ bewerten, wenn zu viele Eigenzitate vorkommen. Es gibt aber auch Reviewer, die einen Mittelwert aus den Jahren zitierter Publikationen berechnen und dann evt. zu einer negativen Beurteilung kommen. Ich tue das nicht. Selbst wenn mir die Arbeit überhaupt nicht gefällt, und ich auch nicht klar komme, wie ich Verbesserungsvorschläge machen kann, versuche ich konstruktiv zu sein.
Peter Koppatz
Vielen Dank für die Informationen.