Schreiben einer Dissertation

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Joachim, Du hast gerade den Doktortitel bekommen und dies durch eine wissenschaftliche Arbeit belegt. Ich möchte Dir ein paar Fragen stellen, die vielleicht für Neueinsteiger ganz nützlich sein könnten.

Peter Koppatz

Erste Frage: War es schwer, ein Thema zu finden? Wie viele Themen hast Du in Betracht gezogen? Hat die Formulierung des Themas einen evolutionären Prozess durchlaufen oder war es mit der ersten Formulierung schon perfekt?

Joachim Scholz

Ich hatte einige Themen im Kopf, aber schwierig war es, ein solches Thema zu finden, mit dem man – wie das für eine Dissertation gefordert wird - ein Forschungsgebiet erweitern und Neuland beschreiten kann. Im Studium erfährt man, wie aufwändig es sein kann, den Forschungsstand auf einem Wissensgebiet nachzuvollziehen, noch schwerer ist es aber abzuschätzen, wo es in der Welt des Wissens noch dunkel ist. Man bewegt sich ja immer auf einem schon mehr oder weniger beackerten Feld, auf dem es immer schon Erfahrenere gibt als einen selbst. Im Gespräch mit meinem Doktorvater habe ich zu meinem Thema gefunden. Es hat einige Zeit gedauert, bis es ganz zu »meinem« Thema wurde. An den vielen Umstellungen meiner Gliederung kann ich heute ablesen, wie zäh es dabei voran ging.

Was in der letzten Textfassung jetzt ziemlich leichtfüßig daherkommt, war in den ersten Texten ein unsicheres Stolpern.

Bei Studienarbeiten geht meist »nur« um die nachvollziehbare Aufarbeitung des Wissensstandes auf einem Gebiet.

Peter Koppatz

Es heißt oft: Zeit ist Geld. Deshalb ein paar Fragen zum Zeitmanagement: Wie lange hast Du an der Arbeit geschrieben, insgesamt, pro Monat, pro Tag? Welche Arbeitsschritte waren die zeitintensivsten? Kannst Du eine Empfehlung geben?

Joachim Scholz

Ehrlich gesagt, sind sieben Jahre von der Themenfindung bis zur Abgabe der Arbeit ins Land gegangen, in denen ich aber neben der Dissertation auch andere Aufgaben hatte. Sehr viel Zeit hat es gekostet, im Archiv die Quellen für meine historische Arbeit abzuschreiben. Die Kopierkosten sind dort unerschwinglich.

Wie man sich das Schreiben selbst zeitlich organisiert, muss jeder für sich herausfinden. Ich kann (leider) abends am besten arbeiten und schaffe es nie, mehr als fünf Stunden am Tag effektiv zu schreiben. Aber die Ablenkung scheint irgendwie auch zur Arbeit zu gehören. Was in diesen eigentlich „unproduktiven“ Phasen an Produktivem passiert ist, lässt sich schwer beschreiben. Wenn ich mich an manche plötzliche Vorwärtsbewegung erinnere – als ich einmal eine richtig gute Seite in zwanzig Minuten fertig hatte oder meine Gliederung »revolutionierte« – war das sicher unbewusst lange vorbereitet. Und dafür gibt es keine Empfehlung oder Technik. Das soll aber nicht heißen, dass man keine Möglichkeiten hat, die Arbeit durch Organisation besser zu strukturieren.

Bevor man sein Thema findet, muss man sich ja selbst zu einem Experten auf seinen Gebiet machen. Um einen guten Überblick über den Stand des Wissens zu bekommen, ist eine eigene Literaturdatenbank sicher nützlich.

Peter Koppatz

Wie hast Du die Quellen analysiert und verwaltet?

Joachim Scholz Relativ konventionell. In einem Textdokument habe ich Literatur gesammelt und Kopien meiner Texte und Quellen alphabetisch in Ordner geheftet. Auch Karteikarten habe ich benutzt. Da ich viele Archivtexte zwangsläufig durch Abschreiben digitalisiert hatte, ließen die sich später wunderbar nach Stichworten durchforsten. Jede digital vorliegende Quelle war ein großer Vorteil. Insgesamt hat sich für mich aber ein Mix aus herkömmlichen Verfahren und modernen bewährt.

Peter Kopatz

Mit welchem Programm hast Du Deine Arbeit geschrieben? Da eine Bachelor- oder Doktorarbeit sehr umfangreich werden kann, hat man sicher mit einigen technischen Problemen zu kämpfen. An welche erinnerst Du Dich noch besonders und wie hast Du sie gelöst?

Joachim Scholz

Ich habe »Word« 2007 benutzt und bin eigentlich zufrieden damit. Angeblich soll das Layout in anderen Programmen ansprechender sein, aber es gibt auch in Word viele Möglichkeiten, ein schönes Druckbild zu erreichen. Probleme entstehen nach meiner Erfahrung bei großen Dokumenten durch unerklärliche Neuberechnung der Umbrüche. Ich konnte mir beim abschließenden Ausdruck nicht erklären, warum die Arbeit plötzlich 309 Seiten hatte statt 311, nur weil ich auf Seite 200 ein Komma getilgt hatte. Hier hilft nur ein Aufsplitten des Dokuments in möglichst viele Filialdokumente, die man dann zur Erstellung des Inhaltsverzeichnisses miteinander verknüpft. Auch diese Prozedur wird für den Laien zur Zitterpartie und ist mir nicht ohne Improvisation gelungen. Ich habe die Seitenzahlen »manuell« eingetragen, weil die automatische Berechnung immer daneben lag.

Ein anderes Problem entstand durch problematisch positionierte Fußnoten. Steht ein Fußnotenzeichen im Fließtext auf einer der letzten Zeilen der Seite und wird die Fußnote so lang, dass das Fußnotenzeichen im Fließtext dadurch auf die nächste Seite verschoben würde, bekommt das Programm keinen sauberen Seitenumbruch hin. Da hilft nur ein Kürzen oder Versetzen der Fußnote um mehrere Zeilen nach oben, was inhaltlich oft nicht passt. Für dieses Problem habe ich keine richtige Lösung gefunden.

Sicher ist man bei Word jedenfalls erst, wenn man ein PDF erstellt hat. Für das Programm spricht aber die Benutzerfreundlichkeit im Normalfall.

Peter Koppatz

Welche formalen Kriterien sollte man Deiner Meinung nach besonders beachten?

Joachim Scholz

Formale Kriterien sollte man meiner Meinung nach sehr ernst nehmen, weil sie der Teil der Arbeit sind, den man am besten kontrollieren kann. Dass man eine schriftliche Arbeit vom Anfang bis zum Ende kreativ und intelligent verfasst, lässt sich nie garantieren, aber formale Fehler sind in jedem Fall vermeidbare Fehler. Hier hat man alles in der Hand, wenn man ein paar Regeln beachtet. Hier nur drei Schwerpunkte:

  1. Rechtschreibung und Grammatik sagen viel darüber aus, wie sorgfältig man gearbeitet hat. Jede Arbeit, die man abgibt, sollte man zuvor selbst mehrmals gründlich korrekturgelesen haben, sie aber auch einem Dritten zum Korrekturgang gegeben haben, von dem/r man weiß, dass er/sie in Rechtschreibfragen bewandert und zuverlässig ist.

  2. Alle fremden Informationen, die in die Arbeit eingeflossen sind, gründlich zu belegen, ist mindestens ebenso wichtig. Welche Zitationsregeln einzuhalten sind, erfährt man vom Verlag, bzw. an der Uni vom jeweiligen Dozenten. Es gibt viele gute Leitfäden, z.B. in diesem Kurs. Das Literaturverzeichnis am Schluss der Arbeit muss lückenlos alle herangezogenen Quellen enthalten. Von Internetquellen, bei denen es sich nicht selbst um wissenschaftliche Veröffentlichungen handelt, sollte man absehen, um nicht den Eindruck zu vermitteln, flüchtig und unsauber gearbeitet zu haben.

  3. Zu den formalen Kriterien gehören auch Gestaltungsfragen: Von Randbreiten, Zeilenabständen und Schriftgrößen bis zur Auflösung eingescannter Bilder, der korrekten Beschriftung von Abbildungen und Tabellen gibt es immer wieder Zweifelsfälle. Sichere Orientierung bieten meist die Standards einer anerkannten Fachzeitschrift.

Peter Koppatz

Wenn alles fertig ist, muss das Werk ja noch gedruckt werden. Was sind Deine Erfahrungen bei der Umsetzung gewesen?

Joachim Scholz

Für den Ausdruck der Arbeit würde ich ein PDF-Dokument erstellen und es in einem guten Copyshop drucken und binden lassen. Das ist aber noch nicht der Druck für eine Veröffentlichung, die erst bei der Dissertation verlangt wird. Und selbst da reicht die Veröffentlichung auf CD und der Ausdruck für die Universitätsbibliothek.

Meine Dissertation ist noch nicht gedruckt. Momentan geht es darum, den passenden Verlag zu finden. Beim Druck meiner Magisterarbeit und bei der Begleitung anderer Druckprojekte war ich erstaunt, welche enorme Sorgfalt Verlage auf die Einhaltung formaler Kriterien legen können.

Peter Koppatz

Schön dass Du die Fragen so ausführlich beantwortet hast. Viel Erfolg privat wie beruflich. Ich hoffe, Du hast jetzt wieder mehr Zeit für http://www.paulinenaue.info